Das Ziel für die Zukunft ist komplette Arbeitslosigkeit, damit wir spielen können. Deswegen müssen wir das gegenwärtige politisch-ökonomische System zerstören.

Arthur C. Clarke

Weg mit Massenmedikamentierung, Evaluierungswahn und anderen „Angriffen auf die Selbstachtung“: Was es heute vor allem brauche, sei „eine kritische Bewegung gegen die allgegenwärtige Disziplinierung“. Ansetzen möchte Verhaeghe dabei angesichts der individualistischen Ausprägung unserer Identität nicht bei Appellen an die „Solidarität“ der Einzelnen, sondern bei der „Sebstsorge“: Sie „umfasst in ihrer ursprünglichen Bedeutung zugleich die Verantwortung, bei der ethischen Gestaltung des eigenen Lebens das Allgemeinwohl miteinzubeziehen“, Mäßigung und Selbstbeherrschung inklusive.“

taz vom 26./27. Oktober 2013 mit Zitaten aus dem Buch „Und ich? Identität in einer durchökonomisierten Gesellschaft“ von Paul Verhaeghe

Fairphone bei Foxconn?

Nach meinem  aufgebrachten Artikel über Apples beschönigende Imagekampagne, hat mich mein Vater mit der Aussage geschockt, dass das von mir als Alternative gepriesene Fairphone wie Apples iPhones bei Foxconn produziert wird.

Das ließ mir natürlich keine Ruhe und so habe ich noch einmal recherchiert – und habe herausgefunden, dass es in zweierlei Hinsicht anders ist als gedacht:

  1. Die Arbeitsbedingungen sind glücklicherweise doch besser als bei anderen Herstellern; hier konnte Fairphone wohl relativ viele Vorgaben durchsetzen (höhere Löhne inkl. Gewinnbeteiligung der Arbeiter, Verbot von Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit), auch wenn es hier aufgrund des chinesischen Rechts Einschränkungen der in unseren Augen grundlegenden Rechte wie der Versammlungsfreiheit gibt. Der Hersteller heißt übrigens A’Hong. Aber…
  2. …der eigentliche Ursprung der Initiative, aus der Fairphone hervorgegangen ist, war die konfliktfreie Förderung der Rohstoffe. Und an diesem Punkt scheint es wohl viele Hürden zu geben. Jedenfalls musste Fairphone hier zunächst die meisten Kompromisse vornehmen und so zum Beispiel die seltenen Erden von den gleichen Lieferanten abnehmen wie die große Konkurrenz der Branche.

Einen aufschlussreichen Artikel fand ich dazu in der WELT: „Fairphone“ will Fehler der Konkurrenz vermeiden

Bleibt also ein gemischtes Gefühl – sicherlich auch bei den Initiatoren. Diese sehen ihre Mission aber nach ihrem idealistischen Start (ursprünglich wollten sie wohl auch in Europa produzieren, aber es gibt offenbar keine Firma mehr hier, die das entsprechend Know-how hat) mittlerweile wohl eher als Prozess und wollen nach eigenen Aussagen Baustein für Baustein daran arbeiten, das Fairphone richtig fair zu machen.

Und das Produkt selbst ist ja ohnehin nur ein Symbol, wenn man die Verkaufszahlen vergleicht und die Marktchancen nüchtern betrachtet. Die Umstände ändern kann es nur dadurch, dass es den großen Playern zeigt, dass es anders geht – und den Konsumenten, was hinter ihren Produkten steckt. Es ist also, wie Fairphone selbst sagt, eher eine Bewegung. Eine Bewegung, die Impulse setzt.

Dass man mit seiner Konsumentscheidung Weichen stellen kann und durchaus eine Wahl hat, die einen Unterschied macht, zeigen übrigens diese zwei interessanten Studien von Greenpeace und der Enough-Kampagne. Hier werden  ziemliche Diskrepanzen in der Unternehmenspraxis der Großen der IT-Branche deutlich:

 

Fairphone bei Foxconn?

Nach meinem  aufgebrachten Artikel über Apples beschönigende Imagekampagne, hat mich mein Vater mit der Aussage geschockt, dass das von mir als Alternative gepriesene Fairphone wie Apples iPhones bei Foxconn produziert wird.

Das ließ mir natürlich keine Ruhe und so habe ich noch einmal recherchiert – und habe herausgefunden, dass es in zweierlei Hinsicht anders ist als gedacht:

  1. Die Arbeitsbedingungen sind glücklicherweise doch besser als bei anderen Herstellern; hier konnte Fairphone wohl relativ viele Vorgaben durchsetzen (höhere Löhne inkl. Gewinnbeteiligung der Arbeiter, Verbot von Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit), auch wenn es hier aufgrund des chinesischen Rechts Einschränkungen der in unseren Augen grundlegenden Rechte wie der Versammlungsfreiheit gibt. Der Hersteller heißt übrigens A’Hong. Aber…
  2. …der eigentliche Ursprung der Initiative, aus der Fairphone hervorgegangen ist, war die konfliktfreie Förderung der Rohstoffe. Und an diesem Punkt scheint es wohl viele Hürden zu geben. Jedenfalls musste Fairphone hier zunächst die meisten Kompromisse vornehmen und so zum Beispiel die seltenen Erden von den gleichen Lieferanten abnehmen wie die große Konkurrenz der Branche.

Einen aufschlussreichen Artikel fand ich dazu in der WELT: „Fairphone“ will Fehler der Konkurrenz vermeiden

Bleibt also ein gemischtes Gefühl – sicherlich auch bei den Initiatoren. Diese sehen ihre Mission aber nach ihrem idealistischen Start (ursprünglich wollten sie wohl auch in Europa produzieren, aber es gibt offenbar keine Firma mehr hier, die das entsprechend Know-how hat) mittlerweile wohl eher als Prozess und wollen nach eigenen Aussagen Baustein für Baustein daran arbeiten, das Fairphone richtig fair zu machen.

Und das Produkt selbst ist ja ohnehin nur ein Symbol, wenn man die Verkaufszahlen vergleicht und die Marktchancen nüchtern betrachtet. Die Umstände ändern kann es nur dadurch, dass es den großen Playern zeigt, dass es anders geht – und den Konsumenten, was hinter ihren Produkten steckt. Es ist also, wie Fairphone selbst sagt, eher eine Bewegung. Eine Bewegung, die Impulse setzt.

Dass man mit seiner Konsumentscheidung Weichen stellen kann und durchaus eine Wahl hat, die einen Unterschied macht, zeigen übrigens diese zwei interessanten Studien von Greenpeace und der Enough-Kampagne. Hier werden  ziemliche Diskrepanzen in der Unternehmenspraxis der Großen der IT-Branche deutlich:

 

Mir sagte ein politischer Insider, der auch bei der Eurokrise aktiv involviert war, dass die Politik nicht nur nichts mehr zu sagen hat. Es ist noch viel gravierender: Die Politik musste partiell die Bürger in die Irre führen. Denn der eigentliche Adressat von Politik sind heute die Märkte – und ich lasse das fast perfekte Zusammenspiel zwischen Märkten und Staat jetzt mal beiseite. Wenn man nun bedenkt, dass auf den Finanzmärkten die Hälfte des Handels von Maschinen und nicht von Menschen gesteuert wird, und man das zusammendenkt, sind wir schon sehr nah an einer Science-Fiction-Welt.

Frank Schirrmacher im Interview „Ich rede als Kontaminierter“ in der taz vom 20./21.04.2013

Mir sagte ein politischer Insider, der auch bei der Eurokrise aktiv involviert war, dass die Politik nicht nur nichts mehr zu sagen hat. Es ist noch viel gravierender: Die Politik musste partiell die Bürger in die Irre führen. Denn der eigentliche Adressat von Politik sind heute die Märkte – und ich lasse das fast perfekte Zusammenspiel zwischen Märkten und Staat jetzt mal beiseite. Wenn man nun bedenkt, dass auf den Finanzmärkten die Hälfte des Handels von Maschinen und nicht von Menschen gesteuert wird, und man das zusammendenkt, sind wir schon sehr nah an einer Science-Fiction-Welt.

Frank Schirrmacher im Interview „Ich rede als Kontaminierter“ in der taz vom 20./21.04.2013

Design ist schön, aber nicht alles, liebes Apple in California

Sommer, Sonne, fröhliche, gut aussehende Menschen, die mit jedem Hype gehen. Kalifornien. Dort sitzt Apple – trocken und sicher. Und posaunt nun in die Welt, wie wichtig es ihnen ist, dass sie mit ihren Produkten das Leben auf diesem Planeten lebenswerter machen. „Das ist unsere Unterschrift“, spricht die meditative Off-Stimme im aktuellen TV-Spot. „Und das bedeutet alles. Designed by Apple in California.

Das ist es aber nicht. Design ist nicht alles.

Ich warte jetzt auf Teil 2 der Fernsehwerbung, in dem die Chemiegruben gezeigt werden, die in China mit hohen Sicherheitszäunen vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen gehalten werden. Dort, wo Menschen durch den Matsch waten, mit schweren Säcken auf dem Rücken, der Boden getränkt mit Chemikalien, die in den Boden eingeführt werden, um die seltenen Erden auszuwaschen. Angeblich ist die Luft noch kilometerweit um die Ausgrabungsorte verpestet. Am Ende müsste der Sprecher wohl zugeben „Für diese Ausbeutung stehen wir. Das ist unsere zweite Unterschrift. Abgebaut im autoritären Regime VR China.

Teil 3 könnte dann die Zusammensetzung der Produkte bei Foxconn präsentieren, einem Unternehmen, das Horden von Fließbandarbeitern beschäftigt – einige davon ohne Bezahlung. Dafür hat es mit allen umliegenden Schulen Verträge abgeschlossen, um die Schüler in ihrem Pflicht-Praktikum einstellen zu dürfen. Foxconn war in den Schlagzeilen nachdem sich mehrere Mitarbeiter aus Verzweiflung vom Dach oder den hohen Treppenhäusern in den Freitod gestürzt haben, da sie dem Leben zwischen Produktionsstraße und Schlafkaserne nicht mehr Stand halten konnten. Mittlerweile sind Sicherheitsnetze in den Treppenhäusern gespannt, um das zu verhindern. Die Arbeitsbedingungen freilich, wurden nicht angetastet. „Mit hoher Marge durch Billigproduktion erfreuen wir unsere Aktionäre. Das ist unsere dritte Unterschrift. Zusammengebaut von modernen Sklaven bei Foxconn.

Disclaimer: Auch ich bin Apple-Fan. Ich liebe tatsächlich das Design der Produkte seit vielen Jahren. Und die neue Richtung, die Apple beim iOS 7, dem neuen Betriebssystem für seine Smartphones und Tablets einschlägt, ist in meinen Augen eine gelungene Befreiung von viel optischem Ballast. Aber: Design bedeutet eben nicht alles, wie Ihr es uns glauben machen wollt, liebes Apple in California. Außerhalb Eures sonnigen Staates bringen sich Menschen um oder brechen unter der harten körperlichen Arbeit in den Minen von Nanching zusammen, um Eure Produkte herzustellen. In Eurem Werbefilm erzählt der Sprecher mit der sonoren Stimme, dass Ihr viel Zeit mit wenigen Dingen verbringt, um diese perfekt zu machen – solange „bis jede Idee, die wir berühren, jedes Leben verbessert, das sie berührt.“

Im Angesicht der Menschen, die bei der Produktion mit Euren Produktideen „in Berührung“ kommen, ist dieser Satz nicht nur zynisch, sondern blanker Hohn.

Aus vielen dieser Gründe wird mein nächstes Smartphone nicht mehr mit der kalifornischen Signatur versehen sein, sondern aus den Niederlanden kommen. Das junge Projekt „Fairphone“ setzt alles daran, Rohstoffe kofliktfrei zu fördern sowie die Produktion fair zu bezahlen und ohne Ausbeutung zu gestalten. Außerdem setzen sie auf alles, was es an offenen Standards gibt, sodass auch der Nutzer unabhängig bleibt und haben ein Recyclingprogramm auf die Beine gestellt. Die Produktion ist soeben angelaufen. Im Herbst erscheint die erste Version. Wer noch heute bestellt, bekommt eine spezielle Sonderausgabe.

Design ist schön, aber nicht alles, liebes Apple in California

Sommer, Sonne, fröhliche, gut aussehende Menschen, die mit jedem Hype gehen. Kalifornien. Dort sitzt Apple – trocken und sicher. Und posaunt nun in die Welt, wie wichtig es ihnen ist, dass sie mit ihren Produkten das Leben auf diesem Planeten lebenswerter machen. „Das ist unsere Unterschrift“, spricht die meditative Off-Stimme im aktuellen TV-Spot. „Und das bedeutet alles. Designed by Apple in California.

Das ist es aber nicht. Design ist nicht alles.

Ich warte jetzt auf Teil 2 der Fernsehwerbung, in dem die Chemiegruben gezeigt werden, die in China mit hohen Sicherheitszäunen vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen gehalten werden. Dort, wo Menschen durch den Matsch waten, mit schweren Säcken auf dem Rücken, der Boden getränkt mit Chemikalien, die in den Boden eingeführt werden, um die seltenen Erden auszuwaschen. Angeblich ist die Luft noch kilometerweit um die Ausgrabungsorte verpestet. Am Ende müsste der Sprecher wohl zugeben „Für diese Ausbeutung stehen wir. Das ist unsere zweite Unterschrift. Abgebaut im autoritären Regime VR China.

Teil 3 könnte dann die Zusammensetzung der Produkte bei Foxconn präsentieren, einem Unternehmen, das Horden von Fließbandarbeitern beschäftigt – einige davon ohne Bezahlung. Dafür hat es mit allen umliegenden Schulen Verträge abgeschlossen, um die Schüler in ihrem Pflicht-Praktikum einstellen zu dürfen. Foxconn war in den Schlagzeilen nachdem sich mehrere Mitarbeiter aus Verzweiflung vom Dach oder den hohen Treppenhäusern in den Freitod gestürzt haben, da sie dem Leben zwischen Produktionsstraße und Schlafkaserne nicht mehr Stand halten konnten. Mittlerweile sind Sicherheitsnetze in den Treppenhäusern gespannt, um das zu verhindern. Die Arbeitsbedingungen freilich, wurden nicht angetastet. „Mit hoher Marge durch Billigproduktion erfreuen wir unsere Aktionäre. Das ist unsere dritte Unterschrift. Zusammengebaut von modernen Sklaven bei Foxconn.

Disclaimer: Auch ich bin Apple-Fan. Ich liebe tatsächlich das Design der Produkte seit vielen Jahren. Und die neue Richtung, die Apple beim iOS 7, dem neuen Betriebssystem für seine Smartphones und Tablets einschlägt, ist in meinen Augen eine gelungene Befreiung von viel optischem Ballast. Aber: Design bedeutet eben nicht alles, wie Ihr es uns glauben machen wollt, liebes Apple in California. Außerhalb Eures sonnigen Staates bringen sich Menschen um oder brechen unter der harten körperlichen Arbeit in den Minen von Nanching zusammen, um Eure Produkte herzustellen. In Eurem Werbefilm erzählt der Sprecher mit der sonoren Stimme, dass Ihr viel Zeit mit wenigen Dingen verbringt, um diese perfekt zu machen – solange „bis jede Idee, die wir berühren, jedes Leben verbessert, das sie berührt.“

Im Angesicht der Menschen, die bei der Produktion mit Euren Produktideen „in Berührung“ kommen, ist dieser Satz nicht nur zynisch, sondern blanker Hohn.

Aus vielen dieser Gründe wird mein nächstes Smartphone nicht mehr mit der kalifornischen Signatur versehen sein, sondern aus den Niederlanden kommen. Das junge Projekt „Fairphone“ setzt alles daran, Rohstoffe kofliktfrei zu fördern sowie die Produktion fair zu bezahlen und ohne Ausbeutung zu gestalten. Außerdem setzen sie auf alles, was es an offenen Standards gibt, sodass auch der Nutzer unabhängig bleibt und haben ein Recyclingprogramm auf die Beine gestellt. Die Produktion ist soeben angelaufen. Im Herbst erscheint die erste Version. Wer noch heute bestellt, bekommt eine spezielle Sonderausgabe.

Mein Bild vom Rechtsstaat bröckelt

Freunde,

ich stehe noch immer unter dem Eindruck des Blockupy-Samstags. Was ich dort miterleben musste, hat mein Vertrauen in unsere Demokratie und meinen Glauben an unsere verfassungsrechtlichen Freiheiten erschüttert.

Wenn ich an den langen Tag und das brodelnde Gemisch an Gefühlen zurückdenke, wenn ich mir die Stimmung zwischen Nervenspannung und Party vergegenwärtige und die Bilder von Polizistenhorden in ihrer Kampfmontur neben barfuß tanzenden Kindern aufsteigen lasse, dann fühle ich Ohnmacht und Verzweiflung – und ich bekomme wieder weiche Knie. Denn die Grundwerte unserer Gesellschaft haben von einer Minute auf die andere keine Bedeutung mehr gehabt.

Es war eine vom Staat herbeigeführte Ausnahmesituation, die sich über den ganzen Tag zog und in der alles hätte passieren können.

Aber es ist offensichtlich nicht das passiert, was politischer Wille war: weder haben wir unsere Demonstration auf diese brutale Art und Weise aufspalten lassen, noch haben wir uns dazu provozieren lassen, der Politik ihre Schreckensszenarien von gewalttätigen Randalierern zu bestätigen – und das, obwohl hunderte von uns bis zu 10 Stunden lang im Kessel festgehalten worden sind, ihnen Wasser und medizinische Betreuung verwehrt wurde, auf sie eingeschlagen und mit Pfefferspray aus nächster Nähe Haut und Augen verätzt wurden. Sie machten selbst vor Kindern und Rentnern nicht Halt.

All das wird jetzt aufgearbeitet. Wir waren gut organisiert mit Demonstrationsbeobachtern des Grundrechtekomitees, die alles haarklein protokolliert haben, mit einem Ermittlungsausschuss, der nun die Fakten sammelt und zusammenfügt, mit Handykameras und vielen Einzelberichten von Augenzeugen – inklusive Journalisten, die am und im Geschehen waren, Juristen und Parlamentarier, die ebenfalls eingekesselt worden sind.

Aber meine bange Frage ist: wie weit sind wir noch davon entfernt bis wir unsere Rechte nicht nur nicht mehr ausleben, sondern noch nicht einmal mehr juristisch einfordern können. Nachdem die Polizei unseren Demonstationszug gestürmt hat, hat das Amtsgericht beim Anruf um ein Eilverfahren seine Zuständigkeit abgelehnt, weil sie der Polizei Glauben schenkte, die beteuerte, es gäbe keine Kesselung. So hat die Polizei laut Ermittlungsausschuss Frankfurt die folgenden 12 Stunden im rechtsfreien Raum agiert.

Ich bin tief getroffen von dem absolut unverhältnismäßigen und gewaltvollen Einsatz der Polizei. Und ich bin beunruhigt von der offensichtlich werdenden politischen Dimension der skandalösen Beschneidung unserer Rechte.

Die ersten analytischen Artikel, wie der Leitartikel der Frankfurter Rundschau und die Berichte der F.A.Z. erheben schwere Vorwürfe gegen die politische Führung in Hessen und zeigen die Zusammenhänge zur repressiven Krisenpolitik auf, gegen die wir ja eigentlich protestieren wollten, wenn man uns nicht nach einer halben Stunde gestoppt hätte.

Jetzt geht es – wie nach der Verbotsorgie im vergangenen Jahr – wieder einmal nicht um die Inhalte des Blockupy-Bündnisses. Aber immerhin ist durch die Demaskierung der Institutionen, die für Recht und Ordnung sorgen sollen, deutlich geworden, dass es wichtig ist, wieder auf die Straße zu gehen. Denn die Voraussetzung für das Brechtsche Motto „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ ist spätestens jetzt erfüllt!

Mein Bild vom Rechtsstaat bröckelt

Freunde,

ich stehe noch immer unter dem Eindruck des Blockupy-Samstags. Was ich dort miterleben musste, hat mein Vertrauen in unsere Demokratie und meinen Glauben an unsere verfassungsrechtlichen Freiheiten erschüttert.

Wenn ich an den langen Tag und das brodelnde Gemisch an Gefühlen zurückdenke, wenn ich mir die Stimmung zwischen Nervenspannung und Party vergegenwärtige und die Bilder von Polizistenhorden in ihrer Kampfmontur neben barfuß tanzenden Kindern aufsteigen lasse, dann fühle ich Ohnmacht und Verzweiflung – und ich bekomme wieder weiche Knie. Denn die Grundwerte unserer Gesellschaft haben von einer Minute auf die andere keine Bedeutung mehr gehabt.

Es war eine vom Staat herbeigeführte Ausnahmesituation, die sich über den ganzen Tag zog und in der alles hätte passieren können.

Aber es ist offensichtlich nicht das passiert, was politischer Wille war: weder haben wir unsere Demonstration auf diese brutale Art und Weise aufspalten lassen, noch haben wir uns dazu provozieren lassen, der Politik ihre Schreckensszenarien von gewalttätigen Randalierern zu bestätigen – und das, obwohl hunderte von uns bis zu 10 Stunden lang im Kessel festgehalten worden sind, ihnen Wasser und medizinische Betreuung verwehrt wurde, auf sie eingeschlagen und mit Pfefferspray aus nächster Nähe Haut und Augen verätzt wurden. Sie machten selbst vor Kindern und Rentnern nicht Halt.

All das wird jetzt aufgearbeitet. Wir waren gut organisiert mit Demonstrationsbeobachtern des Grundrechtekomitees, die alles haarklein protokolliert haben, mit einem Ermittlungsausschuss, der nun die Fakten sammelt und zusammenfügt, mit Handykameras und vielen Einzelberichten von Augenzeugen – inklusive Journalisten, die am und im Geschehen waren, Juristen und Parlamentarier, die ebenfalls eingekesselt worden sind.

Aber meine bange Frage ist: wie weit sind wir noch davon entfernt bis wir unsere Rechte nicht nur nicht mehr ausleben, sondern noch nicht einmal mehr juristisch einfordern können. Nachdem die Polizei unseren Demonstationszug gestürmt hat, hat das Amtsgericht beim Anruf um ein Eilverfahren seine Zuständigkeit abgelehnt, weil sie der Polizei Glauben schenkte, die beteuerte, es gäbe keine Kesselung. So hat die Polizei laut Ermittlungsausschuss Frankfurt die folgenden 12 Stunden im rechtsfreien Raum agiert.

Ich bin tief getroffen von dem absolut unverhältnismäßigen und gewaltvollen Einsatz der Polizei. Und ich bin beunruhigt von der offensichtlich werdenden politischen Dimension der skandalösen Beschneidung unserer Rechte.

Die ersten analytischen Artikel, wie der Leitartikel der Frankfurter Rundschau und die Berichte der F.A.Z. erheben schwere Vorwürfe gegen die politische Führung in Hessen und zeigen die Zusammenhänge zur repressiven Krisenpolitik auf, gegen die wir ja eigentlich protestieren wollten, wenn man uns nicht nach einer halben Stunde gestoppt hätte.

Jetzt geht es – wie nach der Verbotsorgie im vergangenen Jahr – wieder einmal nicht um die Inhalte des Blockupy-Bündnisses. Aber immerhin ist durch die Demaskierung der Institutionen, die für Recht und Ordnung sorgen sollen, deutlich geworden, dass es wichtig ist, wieder auf die Straße zu gehen. Denn die Voraussetzung für das Brechtsche Motto „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“ ist spätestens jetzt erfüllt!

Ich erweitere meine Akzeptanz

Seit kurzem bin ich als Akzeptanzstelle unserer hiesigen Regionalwährung eingetragen, das heißt: ab sofort können Sie meine professionellen Dienste als Grafiker auch gerne in HellwegTalern begleichen.

Der HellwegTaler ist die Regionalwährung in und um Soest. Er wurde Ende vergangenen Jahres von Jörg Schröder und Marc Böhme initiiert und lehnt sich stark an den Chiemgauer an, mit dem Ende 2009 bereits 4 Mio. Euro umgesetzt worden sind. Der Chiemgauer war Vorreiter für mittlerweile mehr als 30 aktive Regionalgeld-Initiativen in Deutschland.

Sein täglich Bio-Brot und Bio-Gemüse kann man heute bereits mit dem HellwegTaler bezahlen. Weitere Angebote und Hintergründe finden Sie auf der Website des Trägervereins unter www.divib.de.

Den Ausbau und die Überarbeitung des Erscheinungsbildes habe ich ehrenamtlich übernommen, da mir dieses Projekt sehr am Herzen liegt.

Wir treiben Wirtschaft nicht mehr. Sie treibt mittlerweile uns. Den Zeitpunkt, an dem wir die Kontrolle abgaben, haben wir zwar verpasst, aber es ist nicht zu spät, Konsequenzen zu ziehen.

Alexander Klar

Heiße Luft, um die Gemüter zu kühlen

Ach, herrlich, was die Rhetorik schafft. Und wie sich die Verbände (alias Lobbyisten) im Namen ihrer Mitglieder winden und aus Schlingen ziehen.

Zum Hintergrund: Anfang der Woche hat der BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung und Le Monde diplomatique den „Fleischatlas 2013“ herausgebracht, der unter eine CC-Lizenz zum kostenlosen Download zur Verfügung steht. Es handelt sich dabei um ein Werk – ganz im Stile des Weltatlas von Le Monde diploamtique – gespickt mit griffigen Infografiken, allesamt mit eindeutigen Quellenangaben belegt, um zu einem Thema kompakte Informationen zusammenzustellen, um einen Überblick über komplexe Zusammenhänge zu bieten. In diesem Fall eben über Fleischproduktion und -konsum.

Die Informationen, die die Autoren so übersichtlich zusammengefasst haben, haben zu einigen markigen Schlagzeilen in deutschen Publikationen geführt:

  • Jeder Deutsche isst knapp 1000 Hühner (Tagesschau)
  • Maßloser Hunger auf Tiere schadet der Menschheit (FOCUS)
  • Verbraucher in Deutschland zahlt „drei Mal fürs Fleisch“ (Deutschlandradiio Kultur)
  • Keiner braucht das Fleisch (Nordsee-Zeitung)
  • Umweltverschmutzung, Rohstoffverbrauch: Unser Schnitzel und die Folgen (Abendzeitung München)
  • Fleischkonsum der Deutschen: Auf Kosten der Armen (taz)

So viel schonungslose Presse konnte der der Deutsche Bauernverband (DBV) nicht unkommentiert lassen. In einer Pressemitteilung versucht er sich an einer Gegendarstellung. Doch leider bleibt es bei diesem Wunsch, denn sie liefert weder Argumente noch Antworten. Hier eine kommentierte Wiedergabe des Textes:

Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisiert den Versuch des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), den Verbrauchern mittels einseitiger Darstellungen über globale Entwicklungen ein schlechtes Gewissen beim Verzehr von Fleisch einzureden.

Wer den Fleischatlas gesehen hat, weiss, dass es hier um Aufklärung über die tatsächlichen Auswirkungen und häufig verschleierten Hintergründe unserer Lebensmittelproduktion geht und nicht um platte Polemik.

Aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes bleibt Fleisch ein wichtiger Bestandteil einer vollwertigen und gesunden Ernährung.

Diese Sicht teilen Ernährungswissenschaftler nicht, aber dass diese Aussage interessengeleitet ist, dürfte ja offensichtlich sein.

Die vom BUND offenbar propagierten Lebensstile treffen nicht in Ansätzen die Realität breiter Schichten der Bevölkerung.

Erstens propagiert der BUND in dieser Veröffentlichung nichts. Zweitens: richtig, sonst wären die Auswirkungen ja nicht so verheerend, wie es der Atlas darstellt.

Der Fleischverbrauch in Deutschland stagniere seit Jahrzehnten.

…auf hohem Niveau (siehe: Deutsche belegen Spitzenplatz beim Fleischkonsum).

Es gebe Nachfrageverschiebungen vor allem vom Rindfleisch hin zu Geflügel. Bei Geflügel- und Schweinefleisch wird ein wachsender Anteil des Verbrauches nicht mehr importiert, sondern in Deutschland erzeugt.

Das mag ja alles stimmen, aber was hat es mit der Sache zu tun, dass das Fleisch nun zum größeren Teil in Deutschland produziert wird? Es geht ja um die Haltung an sich und den Konsum an sich. Soll dieser Absatz vielleicht nur zeigen, dass hier jemand weiß, wovon er schreibt? Nun gut.

Ziel der deutschen Landwirtschaft werde es auch weiterhin sein, die tatsächlich vom Verbraucher nachgefragten Lebensmittel zu liefern, so der DBV.

Ein typisches Scheinargument: die Industrie schiebt den schwarzen Peter an den Verbraucher, der aber von der gleichen Industrie durch Werbung und Packungsgestaltung in die Irre geführt wird und eine journalistische Aufklärung zu verhindern versucht. Tatsache ist: 82% der Bevölkerung lehnen die Massentierhaltung ab, aus der aber aktuell 98% des Fleisches stammt, das in Deutschland verzehrt wird. Wenn also die Mitglieder des DBV die Wünsche ihrer Kunden ernst nähmen… ach, lassen wir das Fabulieren und Wunschdenken. Weiter im Text.

Der BUND dramatisiere auch mit seiner Behauptung, die Tierhaltung werde seitens der EU-Agrarpolitik massiv subventioniert. Seit 2005 wurde die direkte Förderung der Tierhaltung endgültig gekappt (“Entkopplung”).

Der DBV mag es für eine Dramatisierung halten. Ich halte aber 2,7 Mio. Euro bzw. 3,3 Mio. Euro pro Jahr allein für den größten Schweineschlachter Deutschlands für „massive Subvention“.

Stattdessen werden die Direktzahlungen als Flächenprämie für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft bei Wahrung von hohen europäischen Umwelt- und Tierschutzstandards gewährt.

Naja, auch die Auswirkungen dieser Vorgaben aus Brüssel sehen in der Realität eben anders aus.

Exportsubventionen haben heute in der EU praktisch keine Bedeutung mehr.

Aha, dazu kann ich nichts sagen – und recherchieren mag ich dazu jetzt nicht. Das scheint mir eher ein Detailthema zu sein. Bekräftigen oder entkräften würde es jedenfalls in meinen Augen nichts.

Aber das ist tatsächlich der letzte Satz dieser „Stellungnahme“ zu einer 52-seitigen, aufrüttelnden Darstellung unserer Agrarproduktion.